Wie erkenne ich als RadfahrerIn einen Gehsteig oder Gehweg?

weg1cImmer wieder gibt es Situationen, in denen es für mich als Radfahrer unklar ist, ob ich auf einem Weg oder einem bestimmten Teil der Straße mit dem Rad fahren darf, oder ob dieser Weg oder Bereich ausschließlich FußgängerInnen vorbehalten ist. Gemeinsam mit Rechtsanwalt Dr. Johannes Pepelnik haben wir versucht, die in Österreich geltenden Bestimmungen dazu zusammenzustellen. Anhand von ein paar Beispielen zeigt sich, dass es Situtionen gibt, die auch aus rechtlicher Sicht unklar sind und verschieden interpretiert werden können.

Auf Gehsteigen und Gehwegen ist das Radfahren in Längsrichtung verboten (§ 68 Abs. 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO)), ausgenommen mit „fahrzeugähnlichen Spielgeräten“ wie Kinderfahrrädern in Schrittgeschwindigkeit, wenn hierdurch Fußgänger nicht gefährdet oder behindert werden (§ 88 StVO Abs. 2). Kinder unter zwölf Jahren müssen dabei von einer Person, die das 16. Lebensjahr vollendet hat, beaufsichtigt werden, wenn sie nicht Inhaber eines Radfahrausweises gemäß § 65 sind. Die Beaufsichtigungspflicht entfällt für Kinder über 8 Jahren für Geräte, die ausschließlich durch Muskelkraft betrieben werden. Die Aufsichtsperson darf allerdings nicht mit einem Fahrrad auf dem Gehsteig fahren, sondern muss die Fahrbahn benutzen oder das Rad auf dem Gehsteig schieben.

Die Frage ist nur, wie erkenne ich einen Gehsteig oder Gehweg als solchen? Die rechtliche Definition findet sich in den Begriffsbestimmungen der StVO. Danach ist ein Gehsteig (§ 2. Ziffer 10) ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine (auch wenn sie abgeschrägt sind), Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße und ein Gehweg (Ziffer 11) ein für den Fußgängerverkehr bestimmter und als solcher gekennzeichneter Weg, z.B. durch das Verkehrszeichen „Gehweg“. Vereinfacht: Ein Gehsteig ist ein abgegrenzter Teil der Straße, ein Gehsteig als solcher gekennzeichnet. Die rechtliche Einordnung einer Verkehrsfläche läßt aber je nach Gesichtspunkt immer wieder Interpretationsspielraum, wie die Foto-Beispiele zeigen. Für eine genaue Bestimmung einer Verkehrsfläche sind neben den gesetzlichen Anforderungen, die Kennzeichnung, die reale Lage vor Ort und die Widmung des Straßenerhalters zu berücksichtigen. All dies kann selbstverständlich von einem Gericht anders beurteilt werden, als von den VerkehrsteilnehmerInnen im ersten Augenblick.

Beispiel Freilandstraße mit Begleitweg

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Eine Situation, wie sie in ganz Österreich oft anzutreffen ist: ein Weg neben einer Landesstraße bei Herzogenburg (NÖ), der durch einen Grünstreifen von der Fahrbahn getrennt ist, und nicht durch Verkehrsschilder eindeutig als Geh- und/oder Radweg gekennzeichnet ist.

Der Asphaltstreifen rechts neben der Hauptfahrbahn könnte, wenn der Grünstreifen als Abgrenzung verstanden wird, als Gehweg interpretiert werden, damit wäre Radfahren darauf untersagt. Ein OGH Urteil vom 11.6.1981, 7 Ob 555, 556/81, ZVR 1982/146 kommt beispielsweise zu dem Schluss: „Eine für den Fußgängerverkehr bestimmte Fläche ist als Gehsteig anzusehen, auch wenn sie durch eine mit Gras bewachsene und mit einigen Bäumen bestandene Böschung von der Fahrbahn getrennt ist.“

Anderseits könnte es sich nach § 2 Abs. 1 Z 4 StVO auch um eine Nebenfahrbahn handeln. Nach § 8 dürfen Radfahrer in Nebenfahrbahnen fahren, wenn kein Radfahrstreifen, Radweg oder Geh- und Radweg vorhanden ist, müssen es aber nicht.

Möglicherweise hat der Straßenerhalter bewusst auf eine klare Kennzeichnung verzichtet, denn: wäre der Weg als Gehweg gekennzeichnet, wäre Radfahren definitiv verboten. Wäre der Weg hingegen als Geh- und Radweg gekennzeichnet, würde er nicht die empfohlene Mindestbreite laut Richtlinien  (RVS) erfüllen und müsste breiter ausgeführt werden, was mit höheren Kosten und mehr Aufwand verbunden wäre.

Beispiel Weg in Parkanlage

weg2Linz Stadtpark: Wege in Parkanalagen sind oft nicht extra als Gehwege durch Verkehrsschilder gekennzeichnet, aber als Gehsteig von der Fahrbahn durch Randsteine abgegrenzt. Der Weg durch den Park ist allerdings wohl eine für den Fußgängerverkehr bestimmte Verkehrsfläche, womit hier Zu-Fuß gehen erlaubt und Radfahren verboten wäre. Da es auch Wege in Parkanlagen gibt, auf denen durch eine Beschilderung das Radfahren erlaubt ist, würde eine Kennzeichnung von reinen Gehwegen jedenfalls zur Klärung beitragen.

Beispiel Begegnungszone

weg3Begegnungszone in Linz, Klosterstraße: Ob die Pflasterung der Linie als Randstein (siehe Pfeil) und damit als Abgrenzung gewertet wird, ist Interpretationssache. Ist es ein Randstein, wird die Verkehrsfläche rechts auf dem Foto zum Gehsteig, und damit müssten RadfahrerInnen links davon fahren. Ansonsten ist die gesamte Straße zugleich Fahrbahn. Aus meiner Beobachtung fahren die meisten RadfahrerInnen so wie jener im Bild rechts vom Randstein. Wenn ich links davon fahre, werde ich von entgegen kommenden AutofahrerInnen angeblinkt und angehupt. Falls die Verkehrsplanung den Randstein als Abtrennung eines Gehsteigs gedacht hat, wäre es hilfreich, wenn sie das in irgendeiner Art und Weise auch öffentlich bekannt gibt (z.B. Presseaussendung, Bodenmarkierungen, Tafel mit Skizze). Im Bereich einer Verschwenkung sind entlang des Randsteins ein paar Poller aufgestellt (Foto wird noch ergänzt).

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3 Antworten zu Wie erkenne ich als RadfahrerIn einen Gehsteig oder Gehweg?

  1. joehot schreibt:

    ist in dem letzten bild nicht durch das verkehrzeichen ‚begegnungszone‘ ausgesagt das alle ueberall sich bewegen duerfen ?

    • mirkojavurek schreibt:

      Nein, in der Definition der Begegnungszone heißt es nur, dass die Fahrbahn für eine gemeinsame Nutzung bestimmt ist. Wenn es in einer Begegnungszone einen Gehsteig gibt, dann ist dieser nicht Teil der Fahrbahn und daher nur FußgängerInnen vorbehalten.

  2. joehot schreibt:

    ansonsten stimme ich dir mal wieder zu das es oft unklar ist wofuer die wege entlang von fahrbahnen nun sind .
    meiner meinung nach oftmals zu schmal um als rad und geh-weg durchzugehen ( besonders als 2richtungsweg ) und keine kennzeichnung und die autos hupen usw …
    ich wuensche mir mehr radfahrer auf den strassen insgesamt damit waeren wir immer sichtbar und nach einer uebergangsphase sicher als verkehrsteilnehmer in aller augen …

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